Ukrainische Geflüchtete in Main-Spessart
26.01.2023
Aktuell 1.399 ukrainische Geflüchtete in Main-Spessart registriert
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine im Frühjahr 2022 sind viele Geflüchtete nach Main-Spessart gekommen. Bislang (Stand: 22.01.2023) wurden 1.407 Personen im Landkreis registriert, darunter 444 Kinder und Jugendliche. 463 Ukrainer haben sich inzwischen wieder offiziell aus Main-Spessart abgemeldet, weil sie entweder in ihr Heimatland zurückgekehrt sind oder in andere Regionen oder Länder gezogen sind. „Die Dunkelziffer dürfte jedoch deutlich höher sein“, betont Sabine Kreußer, die Leiterin der Ausländerbehörde am Landratsamt, da viele sich nicht beim Einwohnermeldeamt abmelden. Rund 763 Menschen wurden von der Ausländerbehörde inzwischen PIK-registriert, also erkennungsdienstlich behandelt, andere haben diesen Prozess bereits im Ankerzentrum in Geldersheim durchlaufen, bevor sie nach Main-Spessart kamen. Eine PIK-Registrierung ist für alle Personen, die älter als sechs Jahre sind, notwendig und Voraussetzung für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Insgesamt wurden am Landratsamt 1.208 Anträge für eine solche Aufenthaltserlaubnis bearbeitet.
Wie gestaltet sich die Vermittlung ukrainischer Geflüchteter in den Arbeitsmarkt?
Ukrainer, die Unterstützung zum Lebensunterhalt vom Staat benötigen, erhalten diese in Main-Spessart entweder über das Sozialamt am Landratsamt oder über das Jobcenter. Über das Sozialamt beziehen aktuell 54 ukrainische Staatsangehörige Leistungen. Dabei handelt es sich um ältere bzw. erwerbsunfähige Menschen. Für hilfebedürftige, erwerbsfähige Ukrainer, bei denen der Lebensunterhalt derzeit nicht eigenständig sichergestellt ist, ist das Jobcenter zuständig. Dort sind aktuell (Stand:08.01.2023) 688 Ukrainer gemeldet, die Leistungen für den Lebensunterhalt und Leistungen für Unterkunft und Heizung erhalten, darunter 220 Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre. Einige Ukrainer haben bereits eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz gefunden. In den meisten Fällen erschweren jedoch die fehlenden Deutschkenntnisse eine sofortige Arbeitsaufnahme. Deshalb weisen die Integrationsfachkräfte im Jobcenter die Geflüchteten zunächst Integrationskursen zu, die an den Volkshochschulen im Landkreis angeboten werden. Ein wichtiger Punkt ist auch die Anerkennung der in der Ukraine erworbenen Ausbildungs- und Berufsabschlüsse. Dafür werden die Geflüchteten auf die zuständigen Anerkennungsstellen hingewiesen. „Die finanzielle Versorgung zum Lebensunterhalt der ukrainischen Geflüchteten ist sichergestellt, der Integrationsprozess in den Arbeitsmarkt läuft. Bevor diese dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können, sind aber in der Regel ausreichende Deutschkenntnisse unerlässlich, worauf sich derzeit aktuell unser Hauptaugenmerk richtet“, fasst Jürgen König, der Geschäftsführer des Jobcenters Main-Spessart die derzeitige Lage zusammen. Das Arbeitsaufkommen im Jobcenter ist durch die ukrainischen Geflüchteten stark angestiegen. „Das stellt eine enorme zusätzliche Belastung für unsere Mitarbeiter dar“, so König.
Klinikgebäude dient noch als Notunterkunft und Erstanlaufstelle
Derzeit leben noch 84 Menschen, überwiegend aus der Ukraine, in der Notunterkunft im ehemaligen Klinikgebäude in Marktheidenfeld, davon 22 Kinder und Jugendliche. Zu Spitzenzeiten im Frühjahr bzw. Frühsommer vergangenen Jahres waren es 200. Rund 500 Personen konnten in dezentralen Unterkünften untergebracht bzw. an private Unterkünfte vermittelt werden. Der größere Teil der ukrainischen Geflüchteten ist bei Privatleuten untergekommen bzw. lebt in privaten Mietverhältnissen. Noch immer muss der Landkreis zudem eine Erstanlaufstelle für 50 Personen bereithalten, die bei einer kurzfristigen Ankunft einer größeren Anzahl von Geflüchteten belegt werden kann. Diese befindet sich nicht mehr wie in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn in der Main-Spessart-Halle. Die notwendigen Plätze dafür werden derzeit - wie die Notunterkunft - im ehemaligen Klinikgebäude in Marktheidenfeld vorgehalten.
Landratsamt ist bei der Wohnungsvermittlung behilflich
Auch wenn das Landratsamt keine Wohnungen mehr für Geflüchtete aus der Ukraine anmietet (wie noch zu Beginn des Kriegs in der Ukraine), so ist es trotzdem gerne weiterhin bei der Vermittlung von Wohnraum behilflich. Denn noch immer suchen viele Menschen aus der Ukraine eine neue Bleibe in Main-Spessart; Geflüchtete ohne ausreichende Deutschkenntnisse tun sich schwer, eigenständig eine Wohnung zu finden. Vereinzelt werden auch noch Einrichtungsgegenstände vom Landratsamt für die Ausstattung der Wohnungen zur Verfügung gestellt. Wer also eine Wohnung an ukrainische Geflüchtete vermieten möchte, meldet dies am besten über die „Wohnraumbörse“ des Landkreises. Auf der Webseite des Landratsamtes (www.main-spessart.de) ist unter „Ukraine-Hilfe“ ein entsprechendes Formular dafür zu finden. „Auch wenn wir gerne vermitteln, handelt es sich hier immer um private Mietverträge, die zwischen den Geflüchteten und den Wohnungsvermietern abgeschlossen werden“, unterstreicht Thomas Reuter von der Sozialbehörde am Landratsamt. Bei Fragen zur Vermietung stehen am Landratsamt auch die Integrationslotsinnen, Laura Senger, unter Tel. 0 93 53 / 793 1022, und Olga Hart, unter Tel. 0 93 53 / 793 1147, zur Verfügung.
Rund 340 ukrainische Schülerinnen und Schüler in Main-Spessart
Unter den Geflüchteten aus der Ukraine befinden sich auch 338 Kinder und Jugendliche, die inzwischen eine Schule im Landkreis besuchen. An den Grundschulen wurde deshalb ein zusätzlicher Deutschförderunterricht mit wöchentlich 94 Schulstunden eingerichtet. In den weiterführenden Schulen wurden sogenannte Brückenklassen gebildet. Aktuell gibt es fünf dieser Klassen an Mittelschulen (in Eußenheim, Frammersbach, Gemünden, Lohr, Marktheidenfeld), drei an Realschulen (in Arnstein, Karlstadt, Marktheidenfeld) und zwei an Gymnasien (in Karlstadt, Marktheidenfeld) in Main-Spessart. Eine Steuerungsgruppe, die aus Vertretern der verschiedenen, weiterführenden Schulen besteht, stimmt eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die Brückenklassen ab. „Unsere Lehrerinnen und Lehrer bemühen sich nach Kräften, die Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine im Schulalltag zu unterstützen und ihnen die deutsche Sprache und Kultur näherzubringen,“ lobt Schulamtsdirektorin Karin Auth das Engagement der Lehrkräfte, die hier nach wie vor sehr stark gefordert sind.
Koordinierungsgruppe trifft sich weiterhin
Auch wenn aktuell deutlich weniger ukrainische Geflüchtete in Main-Spessart eintreffen, kommt nach wie vor die „Koordinierungsgruppe Ukraine“ am Landratsamt zusammen. Denn man möchte gut vorbereitet sein, sollte sich die Situation wieder ändern. Gemeinsam mit den beteiligten Hilfsorganisationen wie Bayerisches Rotes Kreuz, Caritas und THW, sowie Vertretern der beteiligten Sachgebiete, des Gesundheitsamtes, des Schulamtes, des Klinikums und der Bundeswehr werden die aktuelle Lage und notwendige Maßnahmen besprochen. Die Betreuung der Notunterkunft, die Formalitäten für eine Aufenthaltsgenehmigung und die Auszahlung von Leistungen bedeuten nach wie vor zusätzliche Arbeit für die Mitarbeitenden des Landratsamtes, die neben den allgemeinen Verwaltungsaufgaben bewältigt werden müssen. „Gemeinsam ist es uns im vergangenen Jahr gelungen, die unterschiedlichsten Aufgaben und Anforderungen gut zu bewältigen und für eine geordnete Unterbringung der ukrainischen Geflüchteten im Landkreis Sorge zu tragen“, lobt Stefan Krebs, Leiter der Koordinierungsgruppe, die gute Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen. Er denkt dabei rückblickend etwa an den Aufbau der Erstanlaufstelle in der Main-Spessart-Halle in Marktheidenfeld und der Notunterkünfte in der Spessarttorhalle und der ehemaligen Jugendherberge in Lohr sowie im früheren Klinikgebäude in Marktheidenfeld, die innerhalb kürzester Zeit mit Feldbetten und anderen notwendigen Gegenständen eingerichtet werden mussten. Ganz maßgeblich habe aber auch die große Hilfbereitschaft der Bevölkerung in Main-Spessart dazu beigetragen, dass diese unerwartete Krisensituation bislang gut gemeistert werden konnte.