Netz P: In Bayern einmaliges Projekt für Familien mit psychisch erkrankten Eltern wird fortgesetzt

07.06.2024

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Das Bild zeigt das Team von Netz P bei der Übergabe des Abschlussberichts. In der Mitte
bei der Übergabe Katja Schecher, Prof. Dr. Dominikus Bönsch und Alexander Pröbstle von der AOK.
Foto: Markus Rill /LRA MSP

Sehr gute Nachrichten für Netz P: Das in Bayern einmalige Projekt zur Unterstützung von Familien mit psychisch erkrankten Eltern – eine Kooperation zwischen Landkreis Main-Spessart und Bezirkskrankenhaus Lohr – wird fortgesetzt. Am Montag wurde der Abschlussbericht über die ersten zwei Projektjahre mit insgesamt 21 beteiligten Familien bei einem Termin im Bezirkskrankenhaus der Öffentlichkeit vorgestellt. Die von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) erstellte Evaluation dieser zwei Jahre fiel in allen Punkten sehr gut bis gut aus.

„Rund ein Viertel aller Kinder in Deutschland lebt mit einem psychisch kranken Elternteil zusammen“, informierte Dr. Stefanie Lange, stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts Main-Spessart. „Diese Kinder haben ein höheres Risiko, selbst psychische Erkrankungen zu entwickeln“, sagte Prof. Dr. Dominikus Bönsch, Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Lohr. „Ziel von Netz P ist es deshalb, die Eltern zu stärken und die Kinder zu unterstützen.“

Die AOK Bayern war vom Bedarf für dieses Projekt überzeugt und gewährte in den ersten zwei Jahren eine Förderung von 130.000 Euro. Alexander Pröbstle, Direktor der AOK Würzburg, betonte: „Es ist extrem wichtig, diese Kinder und Familien zu unterstützen. Ich freue mich deshalb, dass Netz P fortgeführt wird und hoffe, dass noch viele Familien partizipieren können.“

Katja Schecher, BKH-Verantwortliche für Netz P, erklärt: „Wir haben in zwei Jahren vier Kurse mit je neun Terminen absolviert. Dabei werden Eltern und Kinder jeweils zeitgleich in getrennten Gruppen betreut; die Kinder in zwei Altersgruppen unterteilt, vier bis sieben und acht bis zwölf Jahre. Es waren viele verschiedene Diagnosen psychischer Erkrankung vertreten: Depression, Suchtkranktheit, Schizophrenie, Phobien und mehr.“ In den Gesprächen mit den Eltern gehe es beispielsweise darum, Strategien für einen gelingenden Familienalltag zu entwickeln, bei der Kommunikation über die Krankheit zu unterstützen und als Verbindungsstelle zu psychiatrischen Hilfen zu dienen. Außerdem ist der Austausch mit anderen Eltern und Familien hilfreich.

Die Kinder sollen befähigt werden, mit der psychischen Erkrankung der Eltern besser umgehen und diese besser einordnen zu können. Oft müsse den Kindern klargemacht werden, dass sie nicht Grund oder Anlass der Erkrankung eines Elternteils sind.

Die Rückmeldungen der bisherigen Teilnehmer waren ganz überwiegend positiv. Häufig habe sich die Kommunikation in der Familie deutlich verbessert, die Krankheit werde nicht mehr als Tabuthema wahrgenommen. Auch im Anschluss an die neun Termine steht das Netz-P-Team als Ansprechpartner zur Verfügung. Zudem findet einmal im Monat das Netz-P-Café statt, bei dem sich die Familien der aktuellen wie auch früherer Kurse in gemütlicher Atmosphäre treffen und austauschen können.

Thomas Peters von der THWS stellte einige Ergebnisse und Rückmeldungen der umfangreichen Evaluation vor. Beispielsweise gaben 87,9 Prozent der Eltern an, dass sie die besprochenen Themen als hilfreich oder sehr hilfreich empfunden haben. Über 70 Prozent waren davon überzeugt, dass das in Netz P Gelernte den Familienalltag positiv verändert hat. Über 90 Prozent der Kinder gaben an, dass sie sich in den Gruppenstunden wohlgefühlt hätten und die behandelten Themen und Angebote als gut, passend und informativ wahrgenommen haben.

Deshalb war es für alle Beteiligten sehr erfreulich, dass Netz P auch nach der Anschubfinanzierung bereits ab September weitergeführt wird. Das Bezirkskrankenhaus Lohr und der Landkreis Main-Spessart stellen weiterhin Personal und Räumlichkeiten zur Verfügung. Landrätin Sabine Sitter betont: „Ich freue mich über den Erfolg des Projekts. Diese Hilfestellung für Kinder und Familien mit psychisch erkrankten Elternteilen ist sehr sinnvoll, deshalb haben wir nicht gezögert, die Fortsetzung von Netz P zu unterstützen.“ Prof. Dr. Dominikus Bönsch denkt sogar schon darüber hinaus: „Wir sind ein Bezirkskrankenhaus und der Bezirk umfasst noch weitere Landkreise. Ich würde mir wünschen, ähnliche Angebote auch in anderen Teilen Unterfrankens zu etablieren.“

Tatsächlich reicht der Ruf von Netz P schon weit über Main-Spessart hinaus. Anfragen zum Konzept habe sie auch schon aus Nordrhein-Westfalen erhalten, berichtete Katja Schecher.

Interessierte (auch für den im September beginnenden Kurs) richten Anfragen bitte an Katja Schecher, E-Mail: Katja.Schecher@bezirkskrankenhaus-lohr.de, Tel.: +49 9352 503 31581.
Infos sind zu finden unter: Bezirkskrankenhaus Lohr | Sozialpädagogische Abteilung (bezirkskrankenhaus-lohr.de)externer Link und "Netz P - Unterstützung für Kinder mit einem psychisch belasteten Elternteil" | Landkreis Main Spessart | Gesundheitsregion plus (main-spessart.de)