Dritter Runder Tisch zum Thema „Teilhabe und Inklusion“

13.05.2019

Bereits zum zehnten Mal hat die Behindertenbeauftragte des Landkreises, Elena Reinhard, die gemeindlichen Behindertenbeauftragten sowie Vertreter von Behindertenverbänden, Verwaltungen und Interessenten zu einem Runden Tisch zum Thema Teilhabe und Inklusion eingeladen. Ziel dieser Treffen ist es, gemeinsam Ideen zu entwickeln und sich gegenseitig zu unterstützen, um die Belange von Menschen mit einer Behinderung besser in der Gesellschaft zu verankern.

Leichte Sprache und digitaler Wegweiser
„Dabei kann das neue Internetangebot des Landratsamtes in Leichter Sprache eine gute Unterstützung geben“, erklärte Reinhard zu Beginn der Veranstaltung. Sie wies auch auf die Möglichkeit hin, einzelne Projekte für den Inklusionspreis Unterfranken vorzuschlagen. Bewerbungen sind noch bis zum 15. Mai möglich. „Die Hauptaufgabe in diesem Jahr ist allerdings das Projekte „Digitaler Wegweiser barrierefreies Leben“, betont die Behindertenbeauftragte. Dabei arbeitet sie eng mit dem Regionalmanagement zusammen.

Emotionale Kompetenzen fördern
Reinhard hatte unter anderem die Mitarbeiter des sozialpädagogisch-psychologischen Fachdienstes der heilpädagogischen Tagesstätte vom Förderzentrum Marktheidenfeld mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, Dr. Andrea Katzorke und Theresa Schaper eingeladen, die ihre Arbeit vorstellten. Sie führen zum Beispiel diagnostische Verfahren (z.B. Intelligenz – und Leistungsdiagnostik, Entwicklungsdiagnostik) durch, halten Einzel- und Gruppensitzungen mit Kindern und Jugendlichen zur Förderung der emotionalen Kompetenzen, oder beraten die MitarbeiterInnen der St. Nikolaus–Schule. Darüber hinaus geben sie Unterstützung bei Erziehungs- und Entwicklungsfragen, Informationen über nachteilsausgleichende Hilfen (z.B. Schwerbehindertenausweis, Pflegegeld, Grundsicherung und Betreuung, und die Beratung und Unterstützung in sozialrechtlichen Belangen), und vermitteln zu anderen Beratungsstellen, Behörden und Institutionen. Sie fördern die soziale Kompetenz der SchülerInnen in Form von sozialen Kompetenztrainings, und bieten Präventionsmaßnahmen an. Die Beratung wird nur für die Eltern der Schüler und Schülerinnen der St. Nikolaus-Schule angeboten.

Hören ist nicht gleich verstehen
Kim Mundinger vom Paritätischen Wohlfahrtsverband ist Ansprechpartnerin für die offiziell 3 746 Menschen mit Sprach- oder Sprechstörungen in Unterfranken. „Die Dunkelziffer liegt hier allerdings vermutlich noch viel höher“, sagt die Sozialpädagogin. Sie berät Betroffene und Angehörige gleichermaßen, bei Taubheit, leicht- und hochgradiger Schwerhörigkeit, Gleichgewichtsstörungen, „oder auch schwerhörige Menschen mit zusätzlichen Erkrankungen wie Tinnitus, Hyperakusis oder Morbus Menière. Denn die Auswirkungen können gravierend sein.“ Neben der erschwerten Teilhabe am alltäglichen Leben fühlen sich Betroffene häufig ausgeschlossen, ziehen sich dann zurück und leben isolierter, was Folgen für das gesamte Umfeld haben kann. „Seine Identität als schwerhöriger Mensch zu finden ist oft sehr schwierig“, erklärt Mundinger. Hier gibt sie Hilfe zur Selbsthilfe, zur Bewältigung von Lebenskrisen und psychischen Problemen, im Alter und bei Pflegebedürftigkeit, oder zu technischen Hilfsmitteln und Reha-Maßnahmen, besonderen Einrichtungen und anderen Hilfsangeboten oder Selbsthilfegruppen.

In die Arbeitswelt integrieren
Im Anschluss referierte Madeleine Leube vom Unternehmensverbund Mainfränkische Werkstätten. Sie stellte das seit Anfang 2019 eröffnete Beratungszentrum Arbeit, Bildung, Wohnen in der Würzburger Innenstadt vor. Barrierefrei und niederschwellig bietet der Verbund eine zentrale Beratungs- und Informationsstelle für Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörige, Betreuer und Unterstützer über alle Möglichkeiten der Teilhabe in den Bereichen Arbeit, Bildung und Wohnen.

Der 1973 gegründete Unternehmensverbund beschäftigt heute in den Regionen Main-Spessart, Würzburg und Kitzingen insgesamt 2350 MitarbeiterInnen, davon 1500 Menschen mit Behinderung. „Wir sind ein gemeinnütziges Unternehmen, und sehen unsere Aufgabe in der Integration und Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt, und allgemein in die Gesellschaft“, so Leube. „Unser Ziel ist eine soziale Beteiligung unserer Mitarbeiter.“ Dafür stellt der Verbund Bildungs-, Qualifikations-, Beschäftigungs- und Wohnmöglichkeiten zur Verfügung. „Denn wir möchten jedem Menschen mit Behinderung ermöglichen, dass er ein Leben und Arbeiten in größtmöglicher Selbstständigkeit und Selbstbestimmung führen kann.“ Die Mainfränkischen Werkstätten sehen sich dabei als nachhaltiger Partner, Begleiter und Unterstützer. Dabei bestimmen die Fähigkeiten und das Interesse des Mitarbeiters seine Tätigkeit, sei es in der Holz- oder Metallbearbeitung, der Elektrotechnik, in der Industrie- und Systemmontage, der EDV oder anderer Büro-Dienstleistungen, im Theater Augenblick in Würzburg, oder im Tierpark Sommerhausen. „Die Einsatzmöglichkeiten nicht grenzenlos, aber sehr umfangreich“, sagt sie.

Madeleine Leube, als Leitung des Themas „INklusiv! Gemeinsam arbeiten“ hat mit ihrem Team den Auftrag wohnortnahe, maßgeschneiderte Arbeitsplätze nach Wunsch- und Wahlrecht für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden durch qualifizierte Integrationsbegleiter kontinuierlich begleitet und beraten. Menschen mit Behinderung wollen dort arbeiten, wo andere auch arbeiten. Um dies zu ermöglichen wurde „INklusiv! Gemeinsam arbeiten“ als Fachbereich der Mainfränkischen Werkstätten gegründet, mit dem Ziel erwachsene Menschen mit Behinderung auf ihrem Weg in die Arbeitswelt zu begleiten und zu unterstützen.

Struktur und Freiheit durch Inklusion
Zur Beratung, auch in schwierigen Lebenssituationen, können generell jederzeit alle Menschen mit Behinderung, Familienangehörige, gesetzliche Betreuer oder das Personal betreuender Einrichtungen kommen.

Hier setzt auch die Beratungsstelle „Die Konsulenten“ der Lebenshilfe Wohnstätten Mainfranken an, deren Aufgabengebiete der Sonderpädagoge Achim Hietel zum Abschluss vorstellte. Sie geben Hilfen für Menschen mit Behinderung in Schwierigkeiten, und deren Angehörige. „Oft ist es schwierig, die erhaltene Diagnose zu lesen, oder eingesetzte Medikamente und Behandlungsansätze zu verstehen.“ Keiner möchte sein Kind oder seinen Angehörigen als Versuchskaninchen sehen. „Einrichtungen helfen hier durch Struktur. Die Menschen in den professionellen Hilfesystemen ersetzen zumindest teilweise die fehlende Funktion der Psychotherapie, die unter einer brutalen Unterversorgung leidet“, erklärt Hietel. Seine systemische Fachberatung für die Einrichtungen ist hier mit eingegliedert, damit den Menschen mit Behinderung noch besser geholfen werden kann.

Der nächste Runde Tisch wird am Donnerstag, 27. Juni, um 14 Uhr, im Rotkreuz-Haus, Johann-Schöner-Straße 63, in Karlstadt stattfinden. Thema wird „Das Bayerische Teilhabegesetz II“ sein.

Neue Teilnehmer an den Treffen sind herzlich willkommen. Weitere Informationen erhalten Interessierte bei der Behindertenbeauftragten des Landkreises Main-Spessart, Elena Reinhard, unter Tel.: 0 93 53/ 793 - 36 10 oder per E-Mail an Elena.Reinhard@Lramsp.de.

Dritter Runder Tisch

Bild (Birgitta Steigerwald)
Erste Reihe von links: Stefan Endrich (gem. Behindertenbeauftragter Markt Karbach), Theresa Schaper (Lebenshilfe Marktheidenfeld), Kim Mundinger (Paritätische Wohlfahrtsverband), Elena Reinhard (komm. Behindertenbeauftragte), Bärbel Imhol (Bezirksrätin Grüne MSP), Maria Hoßmann (Bezirksrätin CSU MSP), Gelinde Smutny (Caritasverband MSP e.V.), Alexandra Ott (Caritasverband MSP e.V.)

Zweite Reihe von links: Madeleine Leube (Inklusiv gemeinsam Arbeiten-Mainfränkische Werkstätten), Silvia Glassen (EuTB = ergänzende unabhängige Teilhabeberatung in MSP), Christoph Mill (Lebenshilfe MSP), Armin Hietel (Beratungsstelle die Konsulenten), Konrad Liebler (Inklusionsberatung am Staatlichem Schulamt MSP), Peter Merkert (gem. Behindertenbeauftragter Markt Kreuzwertheim).