Bibermanagement: Wie das Zusammenleben von Mensch und Biber gelingen kann

11.08.2023

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Foto (Berit Arendt): Der Biber sorgt mit seinen Aktivitäten immer wieder für Diskussionsstoff
im Landkreis Main-Spessart. Mit einem umfassenden Bibermanagement soll das Zusammenleben
zwischen Mensch und Biber in Einklang gebracht werden.

Mitte des 19. Jahrhunderts war der Biber in Deutschland fast flächendeckend ausgerottet. Inzwischen hat er sich hier wieder angesiedelt – und sorgt mit den damit einhergehenden Folgen für Natur und Landschaft für reichlich Diskussionsstoff.  „Was viele nicht wissen: Beim richtigen Umgang mit dem Tier gibt es viel Potential für ein positives Miteinander, von dem sowohl der Biber als auch der Mensch profitieren kann“, erläutert Felix Ankenbrand von der Unteren Naturschutzbehörde. Dafür ist es aber notwendig, gut über das Tier und seine Lebensweise Bescheid zu wissen. Nur so können kurz-, mittel- und langfristig zufriedenstellende Lösungen gefunden werden.

Rund 130 Biberreviere gibt es aktuell im Landkreis Main-Spessart. Die anpassungsfähigen Tiere besiedeln nicht nur größere Gewässer wie den Main oder Badeseen, sondern auch kleinere Flüsse, Bäche, dauerhaft wasserführende Gräben und auch Fischzucht-, Angel- und Gartenteiche. Probleme treten dann auf, wenn durch die Aktivitäten der Biber Äcker und Wiesen überschwemmt, Zu- oder Abläufe von Kläranlagen gestaut, Uferböschungen untergraben oder Obstbäume angenagt oder gar gefällt werden. Mögliche negative Auswirkungen von Biberdämmen sind jedoch in aller Regel auf menschliche Eingriffe auf unsere Gewässer (wie z.B. die Begradigung und Verbauung, die intensive Landnutzung bis zum Gewässerrand und die Wasserentnahme) zurückzuführen. Bereits im 20. Jahrhundert fanden solche baulichen Veränderung statt, die bis heute die natürlichen Entwicklungsmöglichkeiten an Flüssen und Bächen erheblich beschränken. 

Der Biber als „Ökosystemingenieur“
Neben uns Menschen ist der Biber eines der wenigen heimischen Lebewesen, die ihre Umwelt bewusst verändern und ihren Lebensraum aktiv gestalten. Nicht nur Biber profitieren von diesen Veränderungen. Die Tätigkeiten des „Ökosystemingenieurs“ haben auch für den Naturhaushalt durchaus positive Auswirkungen, z.B. auf die Wasserspeicherung, die Grundwasserneubildung, die Verbesserung der Gewässerstruktur sowie der Wasserqualität in Oberflächengewässern. „Schon aus diesem Grund sollte das Tier – besonders im von Wassernot geplagten Unterfranken – als Chance nicht als Problem gesehen werden“, unterstreicht Felix Ankenbrand. Denn objektiv betrachtet, leisten Biber durch die Schaffung von „Schwammlandschaften“ und der damit verbundenen Wasserspeicherung für Trockenperioden einen wichtigen Beitrag bei der notwendigen Regeneration des Landschaftswasserhaushaltes. Davon profitieren unter anderem die Trinkwasserversorgung, die Land- und Forstwirtschaft sowie die lokalklimatischen Verhältnisse.
Auch aus ökologischer Sicht ist das Comeback des streng geschützten Bibers eine Erfolgsgeschichte. Als sogenannte „Schlüsselart“, die Gewässer gezielt verändert (aufstaut), schaffen Biber sogenannte „Strahlursprünge“, d.h. Inseln oder Trittsteinbiotope, in denen sich Wasserlebewesen (Insektenlarven, Jungfische, etc.) ansiedeln, regenerieren und anschließend wieder im Gewässersystem ausbreiten können. Außerdem regt die Biberaktivität – besonders in und an kleinen Gewässern – eigendynamische Entwicklungsprozesse an und verbessert dortige Lebensraumbedingungen in vielfältiger Art und Weise. Studien belegen beispielsweise, dass sich durch die Ansiedlung von Bibern die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten in 80 Prozent der Fälle erhöht.

Prävention ist das beste Mittel
Durch seine Fähigkeit, die Umwelt aktiv nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten, kommt der Biber nicht selten in Konflikt mit menschlichen Nutzungen. Prävention ist das beste Mittel, dem zu begegnen. Beispielsweise kann man den Biber durch Einzäunung oder durchdachte Bauplanung hindern, sich an ungewünschten oder konfliktreichen Stellen niederzulassen.
Hat sich der Biber bereits angesiedelt und kommt es zu Problemen, kann man sich an die zwei ehrenamtlichen Biberberater wenden, die von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt bestellt wurden. Diese können im Einzelfall helfen, gemeinsam eine Lösung zu finden. In der Beratung werden häufig einfach durchzuführende Maßnahmen erarbeitet, die schnell und langfristig Abhilfe schaffen. Dabei muss der Biber oft zurückstecken und Einschränkungen in seinem Revier hinnehmen. Die meisten Konflikte mit den Aktivitäten des Bibers lassen sich dadurch entschärfen, ihm an anderer Stelle breite, weitestgehend ungenutzte Gewässerrandstreifen zu überlassen.
Zudem stellt die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Main-Spessart Privatpersonen kostenlos Hilfsmittel wie z. B. Verbiss-Schutz (Drahthosen), Weidezäune und Weidezaungeräte gegen Unterschrift zur Verfügung, mit denen sich Bäume und Felder schützen lassen. Auch hier wird beraten und unterstützt.
Betroffene Landbewirtschafter können sich bei der Behörde zu verschiedenen Förderprogrammen für im Einzelfall geeignete Präventions-, Anpassungs- und Entschädigungsmaßnahmen oder auch Entschädigungszahlungen für erhebliche land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Schäden beraten lassen.

Sind alle anderen alternativen Lösungsmöglichkeiten ausgeschöpft, kann unter Umständen auch die Entnahme von Bibern, also das Töten der Tiere, in Betracht kommen. Dies ist jedoch nur in sehr engen rechtlichen Grenzen möglich. Erfahrungsgemäß ist die Entnahme auch nur eine kurzfristige Lösung, da die hierdurch entstehenden, freien Gewässerabschnitte häufig durch abwandernde Jungbiber aus Nachbarrevieren wiederbesetzt werden. Eine Umsiedlung der Tiere ist in der Regel nicht möglich.

Es gibt also eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Instrumenten und Erfahrungswerten, um das Zusammenleben zwischen Mensch und Biber in Einklang zu bringen. Da die Nager inzwischen wieder fester Bestandteil unserer Umwelt geworden sind und dies auch so bleiben wird, wird mit einem umfassenden Bibermanagement stetig daran gearbeitet, dies weiter zu verbessern. „Damit das gelingt, ist es ein bewussterer Umgang mit unseren Gewässern und unseren natürlichen Ressourcen unerlässlich. Damit dieses weitestgehend verlorengegangene Bewusstsein wiederbelebt werden kann, ist – unabhängig vom Tun des Bibers – Aufklärungsarbeit notwendig, um sich an rapide stattfindende Umwelt- und Klimaveränderungen anzupassen und als Gesellschaft den Umgang mit diesen Veränderungen zu lernen“, ist Felix Ankenbrand überzeugt.