„Papier ist persönlich und verbindlich“

11.11.2021

Informationen über den Bewerbungsprozess als UNESCO-Welterbestätte der Papiermühle Homburg

Selbst in Zeiten von mobiler Datenübertragung und -speicherung hat das Papier nicht an Bedeutung verloren, ist Johannes Follmer überzeugt, „Papier ist persönlich und verbindlich“. Er ist mit Leib und Seele Papiermacher und führt das uralte Handwerk fort, das seine Familiebetrieb: Er schöpft in der Schauwerkstatt der Papiermühle in Homburg (Markt Triefenstein) von Hand Büttenpapier und zeigt Gästen mit Leidenschaft das Museum, das er im Auftrag
des Landkreises Main-Spessart betreibt.

Am Mittwoch lud Landrätin Sabine Sitter die Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen sowie Triefensteins Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock zu einem Besuch in die Papiermühle. Sie informierten sich über den aktuellen Stand des Bewerbungsprozesses als UNESCO-Weltkulturerbestätte der Homburger Papiermühle. Auch die Bürgermeister der Nachbargemeinden, Thomas Stamm (Marktheidenfeld) und Stefan Schwind (Stellvertretender Bürgermeister aus Erlenbach), waren zu Besuch.

Denn schnell war klar: Sollte die Homburger Papiermühle zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt werden, „hat dies Strahlkraft weit über den Ort hinaus“, so Landrätin Sitter. Die Papiermühle in Homburg weise einige Besonderheiten auf, die es andernorts nicht mehr gibt, erklärte Katharina Arnold vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege: Authentizität, Integrität und Einzigartigkeit.

Das sind auch jene Kriterien, deren Erfüllung Voraussetzung für eine Nominierung als UNESCO-Welterbestätte sind. Historisch belegt ist der Bau der Mühle im Jahr 1807 an ihrem etzigen Standort. Seitdem wurde das Gebäude zwar erweitert, aber nicht wesentlich verändert. Bis 1975 stellten die Papiermacher ihre Erzeugnisse her, die in ganz Deutschland verkauft und ins Ausland exportiert wurden.

„Der Erhaltungszustand des Gebäudes und des Mühlenumfelds ist sehr gut, es gab kaum Umbauten“, so Arnold. Die Konstruktion des charakteristischen, dreistöckigen Dachs gilt als einmalig, was sogar wissenschaftlich belegt ist. Arnold betonte: „Ich kenne sonst keine derart gut erhaltene Papiermühle in Deutschland“.

Auch der Museumsbetrieb durch den Landkreis seit 1997 und die Papiermanufaktur, die Johannes Follmer als Papiermacher in fünfter Generation betreibt, machen den Ort zu etwas Herausragendem. Follmer gilt als Experte im Bereich des Papierschöpfens. Die Papiermühle in Homburg ist ein Treffpunkt für den kulturellen und fachlichen Austausch auf internationaler Ebene.

Gerade deshalb wurde sie von Vertretern der Papiermühle im polnischen Duszniki-Zdrój ausgewählt, sich am Projekt einer gemeinsamen Bewerbung um den Titel als UNESCO-Weltkulturerbe zu beteiligen. Eine gemeinsame Bewerbung sieht Arnold als Chance auf Erfolg an: „In Deutschland gibt es bereits 50 eigenständige Weltkulturerbestätten. Da ist es sehr schwer, überhaupt auf die Vorschlagsliste zu kommen.“ In Polen sei der Bewerbungsprozess einfacher.

Bis Ende des Jahres soll die Auswahl weiterer Partner abgeschlossen sein, zeigte Arnold die Pläne auf. Neben der polnischen und der Homburger Mühle seien eine Papiermühle in Velké Losiny (Tschechien), Brescia (Italien) und eine in Ambert (Frankreich) ausgewählt worden. Eventuell kommen noch eine spanische und eine niederländische (Wind-)Papiermühle hinzu.

Die Planungen sehen vor, dass im kommenden Jahr die Vorbereitungen auf das Nominierungsdossier abgeschlossen werden. Die Unterlagen werden derzeit vorbereitet, die Landkreisverwaltung erarbeitet aktuell den Managementplan, sodass die Bewerbung – wenn alles glatt läuft – ein Jahr später beim Welterbezentrum in Paris eingereicht werden kann.

Der von den polnischen Kollegen erarbeitete Zeitplan ist sehr ambitioniert, stellte Arnold abschließend fest. Er sieht vor, dass nach der Prüfung durch den Internationalen Denkmalrat (ICOMOS), die ein Besuch aller beteiligten Stätten beinhaltet, eine Entscheidung, ob die Homburger Papiermühle in die Riege der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen wird, frühestens im Juli 2024 ansteht.

001_Vorstellung
Katharina Arnold vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (rechts) erklärte
Landrätin Sabine Sitter, den Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen, Triefensteins
Bürgermeisterin Kerstin Deckenbrock und Bürgermeistern benachbarter Kommunen die
Bedeutung der Homburger Papiermühle.

002_Papiermühle Follmer
Die Papiermühle in Homburg wurde von 1807 bis 1975 von Papiermachern genutzt.
Seit 1997 unterhält der Landkreis Main-Spessart ein Museum und Johannes Follmer betreibt
eine Papiermanufaktur. Die Papiermühle soll zusammen mit anderen europäischen
Papiermühlen in die Riege der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen werden.

Fotos: Dorothea Fischer