Internationaler Tag der Pflege – Pflege in Not
11.05.2022
Am 12. Mai ist der Tag der Pflege. Die Seniorenbeauftragte des Landkreises Main-Spessart, Monika Rothagen, nimmt dies zum Anlass auf die Pflegesituation im Allgemeinen und im Landkreis aufmerksam zu machen.
Es ist längst kein Geheimnis mehr: In Deutschland fehlt es an Pflegekräften. Durch die Corona-Pandemie wurde das Problem erst richtig sichtbar. Nach wie vor arbeiten viele Pflegekräfte am Limit und halten aus Pflichtgefühl durch. Nach einer Umfrage haben bereits während der Pandemie rund 32 Prozent der Pflegenden in Deutschland überlegt, aufgrund der Arbeitsbedingungen, aus dem Beruf auszusteigen. Viele haben diesen Schritt auch vollzogen und wollen nie wieder in der Pflege arbeiten.
Mit dem demografischen Wandel ist zu erwarten, dass sich die Situation noch weiter verschärfen wird, da mit einem starken Anstieg von Pflegebedürftigen in allen Bereichen, ambulant wie stationär, zu rechnen ist. Gleichzeitig gehen auch viele Pflegekräfte in den wohlverdienten Ruhestand. Dies trifft auch auf den Landkreis Main-Spessart zu.
In vielen Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten fehlten bereits vor der Corona-Pandemie viele Pflegekräfte. Dies teilweise in einem Ausmaß, dass keine neuen pflegebedürftigen Menschen mehr aufgenommen werden können.
Für die Zukunft gestaltet sich dies noch deutlich schwieriger: Bei einem Großteil der ambulanten Pflegedienste in Main-Spessart werden in den nächsten 10 Jahren über 100 Angestellte und bei den stationären Einrichtungen rund 90 Mitarbeiter in den Ruhestand gehen und nicht mehr als Pflegekräfte zur Verfügung stehen.
Der Wegfall des Personals, das in Kürze in den Ruhestand geht, wäre möglicherweise zu kompensieren, gäbe es im Landkreis Main-Spessart eine ausreichende Zahl an jungen Menschen, die diese Lücke schließen könnten. Aufgrund des Geburtenrückgangs stehen zukünftig aber immer weniger potenzielle Ausbildungskandidaten zur Verfügung.
Noch wird viel Pflegearbeit im privaten Bereich geleistet. Laut Bundesregierung gibt es allein über eine Million Erwerbsfähige unterhalb des Rentenalters, die Angehörige mit Pflegegrad zwei oder höher zu Hause versorgen und deshalb Zuschüsse zur Rentenversicherung erhalten. Auch in Main-Spessart wird ein hoher Anteil von Angehörigen zu Hause gepflegt.
Doch auch im Bereich der häuslichen Pflege ist mit einem Wandel und mit einem Rückgang von pflegenden Angehörigen zu rechnen. Viele wohnen aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht mehr in der Nähe der Eltern. Zusätzlich hat sich der Familienaufbau im Laufe der letzten Jahrzehnte enorm gewandelt. Nur noch wenige Familienangehörige können sich, wenn überhaupt, um die Pflege ihrer Lieben kümmern.
Die häusliche Pflege nimmt für die meisten Angehörigen genauso viel Zeit, wie ein Vollzeitberuf in Anspruch. Zum großen Teil wird dies immer noch von Frauen übernommen. Im Durchschnitt wenden die privaten Hauptpflegepersonen für die Versorgung und Betreuung der Pflegebedürftigen wöchentlich rund 34 Stunden auf. Über ein Drittel schränken deshalb ihre Erwerbstätigkeit sogar stark ein oder geben sie ganz auf.
„Im Bereich der Pflege muss sich zukünftig viel tun“, unterstreicht die Seniorenbeauftragte. Es brauche mehr Geld, mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung. Hier seien alle Verantwortlichen im Pflege- und Gesundheitssystem gefordert, möglichst schnell bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. „Wir als Gesellschaft können unseren Beitrag leisten, indem wir bereits jetzt allen Personen in der Pflege, ob privat oder beruflich, ein hohes Maß an Anerkennung und Wertschätzung entgegenbringen!“