Schwere Geräte für den Artenschutz

19.10.2021
 

Scheinbar mühelos setzt der Rundspaten an und gräbt sich in das Erdreich rund um den Stamm eines alten Apfelbaums. In 1,65 Metern Tiefe schließen sich die Schaufeln mit den scharfen Zacken um den Wurzelballen. Dann ächzt und quietscht die Hydraulik des Allrad-Trucks und hebt den Ballen mitsamt dem Baum nach oben. Ein letzter Apfel der diesjährigen Ernte fällt zu Boden.

Zum ersten Mal werden im Landkreis Main-Spessart Großbäume verpflanzt. „Früher hätte man solche Bäume einfach gefällt“, erklärte Martin Scheuner vom Tiefbauamt des Landkreis Main-Spessart. Heute nimmt man bei Baumaßnahmen Rücksicht auf den Artschutz. Bevor im August 2022 mit dem Ausbau der Kreisstraße MSP 1 zwischen Altbessingen und Schwebenried begonnen werden kann, sind vorbereitende Maßnahmen durchzuführen. Eine Fachfirma für Großbaumverpflanzung rückte Anfang der Woche mit schweren Geräten an und versetzte acht Bäume, die der neuen Straße im Weg standen.

Denn Landschafts- und Stadtplaner Markus Fleckenstein, der relevante Maßnahmen des Artenschutzes für den Landkreis begleitet, hatte Anfang des Jahres festgestellt, dass in Hohlräumen der Bäume Fledermäuse Unterschlupf finden. Main-Spessart lässt sich den Artenschutz entlang des Bauabschnitts insgesamt 40.000 Euro kosten, einen Teil davon erhält er als Förderung zurück.

„Die Bäume sind etwa 60 bis 70 Jahre alt“, schätzte Fleckenstein. Versetzt wurden vor allem alte Apfelbäume und ein Birnenbaum. Der 5-Achser transportierte sie ein paar hundert Meter weiter und setzte sie an den neuen Bestimmungsort in vorbereitete Pflanzlöcher mit drei Metern Durchmesser. Im wahrsten Sinn eine harte Nuss war nur ein Walnussbaum mit einem Stammumfang von 2,70 Metern. Seine Wurzeln hat die große Zange des Geräts nicht kappen können. Doch die Arbeiter der Fachfirma wussten sich zu helfen. Mit einem Bagger legten sie die Wurzeln frei, wässerten den Baum ausgiebig und gruben ihn dann aus – um ihn einige hundert Meter weiter wieder einzupflanzen.

Dort wurden die Wurzeln ordentlich beschnitten und das Pflanzloch mit Humusboden aufgefüllt. Ein kleiner Wall sorgt dafür, dass die 800 Liter Gießwasser, die jeder Baum bekam, an Ort und Stelle versickerte. Ein Rückschnitt der Baumkrone um etwa 50 Prozent sorgt für beste Anwachs-Bedingungen für die Bäume. „Ich bin mit den Arbeiten sehr zufrieden“, bilanzierte Fleckenstein am Ende des Tages.

Die alten Bäume werden mit Stahlseilen gesichert. Aus der Vergangenheit weiß man, dass die meisten von ihnen nach ein paar Jahren absterben. Bis es so weit ist, bieten sie unter anderem Unterschlupf für Fledermäuse und Nistmöglichkeiten für Vögel. Noch stehen die alten Bäume alleine am Straßenrand. Sobald der Straßenausbau fertig ist, werden auf einem etwa 150 Meter langen und 20 Meter breiten Streifen weitere junge Obstbäume angepflanzt. Das Areal soll zu einem wertvollen Biotop für Pflanzen und Tiere werden.

Baum Verpflanzung

Foto: Dorothea Fischer
Mitte Oktober versetzte eine Fachfirma mit einem Rundspaten insgesamt acht Bäume entlang der Kreisstraße zwischen Altbessingen und Schwebenried, um Lebensräume für Fledermäuse zu erhalten.