Weltfrauentag: Landrätin wünscht sich mehr Frauen in der Politik

05.03.2021
Am 8. März ist „Weltfrauentag“. Seine Wurzeln reichen bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Er entstand im Kampf um die Gleichberechtigung, um das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen. Vieles hat sich seitdem in Sachen Gleichberechtigung getan, doch gerade wenn es um politische Ämter geht, sind Frauen nach wie vor in der Minderzahl. Woran liegt das?

Irmgard Schäfer, frühere Stadträtin von Karlstadt und Kreisrätin in Main-Spessart für die CSU von 1984 bis 2002, war seinerzeit fast noch eine Exotin. Gerade einmal fünf Frauen saßen 1984 im Kreistag. Bei insgesamt 60 Kreisräten entsprach dies einer Quote von 8,3 %. Sie erinnert sich an eine sehr arbeitsintensive Zeit. Denn neben dem Ortsverband der Frauenunion in Karlstadt 1975 gründete sie später auch den Kreisverband der Frauenunion mit und war hier über viele Jahre hinweg Vorsitzende. Da habe sie mit ihrem Mann auch mal im Clinch gelegen, weil sie so viel von zuhause fort war. Insgesamt glaubt sie, dass es die Frauen zu ihrer Zeit noch schwerer hatten, sich in der Politik einzubringen. „Ich habe mich damals aber trotzdem anerkannt gefühlt“, erklärt die heute 93jährige im Rückblick auf ihre Kreistagsarbeit. Am Anfang habe schon Mut dazu gehört, die eigene Meinung vor versammelter Mannschaft zu vertreten, erinnert sich Irmgard Schäfer. Männer waren das eher gewohnt. Als Geschäftsfrau hatte sie vor allem die wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis interessiert, aber auch im Krankenhausausschuss war sie mit Begeisterung dabei. Als Kreisvorsitzende der Frauenunion versuchte sie dann auch nach und nach weitere Ortsverbände zu gründen. Damals war es nicht einfach, Frauen für die politische Arbeit zu bewegen. Frauen hätten sich oft nicht getraut, ein Amt zu übernehmen, so ihr Eindruck. Viele Frauen gewann sie über die von ihr organisierten Fahrten mit Besuchen der Parlamente in München, Berlin und Straßburg. 

Heute haben Frauen ihrer Ansicht nach gute Chancen, gewählt zu werden, wenn sie sich denn engagieren und dafür kämpfen. „Frauen müssen den Wählern zeigen, dass sie sich einsetzen und etwas bewegen wollen. Dann werden sie auch anerkannt“, glaubt Irmgard Schäfer. Dafür müssten sie viel mehr in die Öffentlichkeit gehen. Ein Manko, das sie sehr bedauert: „Früher hat sich da viel mehr getan.“

Nichtsdestotrotz hat sich die Zahl der Kreisrätinnen seit den 1980er Jahren deutlich erhöht. Heute sind im Kreistag Main-Spessart 14 Frauen vertreten. Mit 23,3 % ist das aber immer noch ein vergleichsweise geringer Anteil. Noch schlechter sieht es in den Gremien der 40 Landkreiskommunen aus: Von den insgesamt 550 Gemeinderatsmitglieder sind nur 111 Frauen, was einem Anteil von 20,18 % entspricht.

Seit der vergangenen Kommunalwahl steht aber zumindest eine Frau an der Spitze des Landkreises. Sabine Sitter ist damit die erste Landrätin von Main-Spessart. Vorher war auch dieses Amt fest in Männerhand. Warum aber gibt es nach wie vor so wenige Frauen in politischen Ämtern? „Meines Erachtens liegt dies vor allem daran, dass viele Frauen heutzutage durch Familie und Beruf ohnehin schon eine Doppelbelastung erfahren. Denn nach wie vor sind es doch ganz überwiegend die Frauen, die sich um Kind und Haushalt kümmern. Das macht die Entscheidung, auch noch ein politisches Amt zu übernehmen, nicht gerade leichter. Frauen bräuchten - im gleichen Maß wie Männer - ein privates Umfeld, das ihnen hierfür den Rücken freihält. Damit wäre schon viel gewonnen“, ist die Landrätin überzeugt.

Dass Frauen deutlich stärker in der Politik vertreten sind, das wünscht sich Sitter. Immerhin stellen sie knapp 51 % der Gesamtbevölkerung. Dies sollte sich auch in den politischen Gremien widerspiegeln. „Frauen bringen hier doch ganz andere Sichtweisen und wichtige Themen mit ein, an die Männer aufgrund der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten nicht zwingend denken würden“, unterstreicht Sabine Sitter.

Deshalb wird sie auch nicht müde, dafür zu werben. Eine Frauenquote könnte hier durchaus hilfreich sein, dass mehr Frauen motiviert werden, sich politisch einzubringen. Aber nur auf eine Frauenquote zu setzen, reiche nicht, so die Landrätin. „Wir müssen mehr Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit leisten und so verstärkt versuchen, Frauen für ein politisches Amt zu gewinnen.“ Der Weltfrauentag ist schon mal ein guter Anlass darüber nachzudenken!