Infobroschüre Biosphärenregion

Informationsbroschüre Zum Thema Biosphärenregion im Spessart?

2 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Impressum Herausgeber Landratsamt Main-Spessart Marktplatz 8 97753 Karlstadt Redaktion Lea Röth (verantwortlich), Ralf Eyring, Meike Sahl, Katharina Sauer, Anika Prakesch, Doris Kraus, Mathias Barrett, unter Mitwirkung der Geschäftsbereiche des Landratsamtes Aschaffenburg, Landkreis Main-Spessart, Landkreis Miltenberg, Stadt Aschaffenburg Fotos Landratsamt Aschaffenburg Seite 2: Dr. Oliver Kaiser Seite 3: Landratsamt Miltenberg (Scherf), Daniel Peter (Sitter), Björn Friedrich (Herzing) Seite 6: Spessart Mainland / LK Aschaffenburg / Holger Leue (unten) Seite 9: Dr. Oliver Kaiser Seite 10: Spessart-Mainland/LK Aschaffenburg/Holger Leue Seite 14: Stadt Aschaffenburg Seite 15: Martin Granacher (Zentrum Holzbau Schwarzwald gGmbH), Fiftyseven (Biosphärenregion Berchtesgadener Land) Seite 16: Stadt Aschaffenburg (Pferd) Layout Katharina Sauer Zentralmassiv Markenwelten Weiterführende Informationen unter: www.biosphaere-spessart.de Inhaltsübersicht 1. Allgemeines zur Biosphärenregion Seite 4 2. Machbarkeitsstudie zur Biosphärenregion im Spessart Seite 7 3. Häufige Fragen rund um eine Biosphärenregion im Spessart Seite 10 4. Best Practice Beispiele Seite 15

3 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 „Eine Biosphärenregion wäre aus meiner Sicht ein echter Gewinn und Mehrwert für die Menschen, für unsere Region und die attraktive Weiterentwicklung auch unseres Landkreises und damit in Summe für die Lebensqualität vor Ort.“ Landrat Dr. Alexander Legler | Landkreis Aschaffenburg „Eine Biosphärenregion Spessart würde das Leben und das Wirt- schaften der Menschen im Spessart in den Mittelpunkt rücken und bedeuten, dies im Einklang mit der Natur zu entwickeln und zu fördern.“ Landrat Jens Marco Scherf | Landkreis Miltenberg „Die Biosphärenregion ist eine große Chance für uns. Damit können wir Modellregion der nachhaltigen Entwicklung werden.“ Landrätin Sabine Sitter | Landkreis Main-Spessart „Durch den Fokus auf den Schutz der natürlichen und kulturellen Vielfalt sowie eine nachhaltige Regionalentwicklung bietet eine Biosphärenregion vielfältige Möglichkeiten für Mensch und Natur im Spessart – in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht.“ Oberbürgermeister Jürgen Herzing | Stadt Aschaffenburg Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, aktuell wird die Machbarkeitsstudie für eine mögliche Biosphärenregion im Spessart durchgeführt. Um über die grundsätzliche Idee einer Biosphärenregion aufzuklären sowie Einblicke in die Machbarkeitsstudie und in die Vielfalt einer solchen Modellregion zu geben, wurde diese Informationsbroschüre von den Landkreisen Aschaffenburg, Main-Spessart, Miltenberg und der Stadt Aschaffenburg, also den vier involvierten Gebietskörperschaften, gemeinschaftlich erstellt. Zur Schaffung einer Biosphärenregion im Spessart, die Stimmen Ihrer Landräte, Ihrer Landrätin und Ihres Oberbürgermeisters:

4 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Biosphärenregionen sind großflächige, repräsentative Modellgebiete, in denen eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung exemplarisch verwirklicht werden soll. Mit einer reichen Naturausstattung und einer landschaftsverträglichen Landnutzung sind Biosphärenregionen, die eine Mindestgröße von 30.000 Hektar vorweisen sollen, von überregionaler Bedeutung. Sollten die erforderlichen Anforderungen erfüllt sein, werden Biosphärenregionen nach dem Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (Man and Biosphere – MAB) von der UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) ausgezeichnet. In Deutschland gibt es aktuell 18 Biosphärenregionen, davon wurden bisher 17 von der UNESCO international anerkannt. Eine Biosphärenregion kann ebenso als Biosphärenreservat oder -gebiet bezeichnet werden. Die tatsächliche Betitelung wird erst im Rahmen einer möglichen Antragsstellung offiziell. In der vorliegenden Broschüre wird die Bezeichnung „Biosphärenregion“ verwendet, auf die sich die vier Gebietskörperschaften verständigt haben. Während bei einem Nationalpark der Schutz der Natur und der Lebensgrundlagen im Fokus steht, stellen Biosphärenregionen den Menschen und dessen Handeln in den Vordergrund. Ziel ist es, das nachhaltige Wirtschaften zu fördern sowie die Lebensgrundlagen und natürlichen Ressourcen zu schützen. Dies geschieht beispielsweise durch Projekte und Initiativen zur Unterstützung einer angepassten Land- und Forstwirtschaft, durch die Förderung eines nachhaltigen Tourismus oder der Vermarktung regionaler Produkte. Biosphärenregionen tragen so zur regionalen Wertschöpfung und zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Zugleich dienen sie dem Schutz der Biodiversität und von „Dienstleistungen" der Natur. Dazu gehören unter anderem Trinkwasserschutz, HochwasWas ist eine Biosphärenregion? Welche Ziele verfolgen Biosphärenregionen? serrückhalt, saubere Luft, fruchtbare Böden sowie Wälder als Naherholungsraum und CO2-Speicher. Als attraktive Natur- und Kulturlandschaften bieten Biosphärenregionen Raum für Freizeit, Erholung sowie aktives Naturerleben und tragen damit zu einer hohen Lebens- qualität bei. Im Rahmen von Biosphärenregionen können die kulturelle Identität und das gesellschaftliche Engagement gefördert werden. Außerdem sind sie Orte der Bildung für nachhaltige Entwicklung und Umweltforschung. Hier werden zum Beispiel Strategien und Lösungsansätze für Herausforderungen wie den Klimawandel, die Demografie oder neue Energie- und Mobilitätskonzepte entwickelt und erprobt. Einige dieser Ziele werden bereits im bestehenden Naturpark Spessart angestrebt. Auch hier soll der Schutz der Natur mit den Ansprüchen des Menschen in Einklang gebracht werden. Allerdings wird in einer Biosphärenregion der Bereich Forschung und Monitoring (dauerhafte und fortlaufende Überwachung und Beobachtung von Prozessen) deutlich stärker betont. Aktivitäten und Projekte werden oft wissenschaftlich begleitet, um Erkenntnisse auf andere Gebiete übertragen zu können. Ein weiterer Unterschied ist die bessere Ausstattung mit finanziellen und personellen Ressourcen. Entsprechend können mehr Aktivitäten umgesetzt und auch mehr Fördergelder der Region zugewiesen werden. Zuletzt unterscheiden sich die beiden Gebietstypen in der Zonierung. Bei einem Naturpark gibt es nur die Naturparkzone, der meist ein Landschaftsschutzgebiet zu Grunde liegt. Eine Biosphärenregion ist in drei verschiedene Zonen (Kern-, Pflege- und Entwicklungszone) gegliedert. Biosphärenregion Nationalpark Naturpark Anzahl in Deutschland 18 (davon 17 von der UNESCO anerkannt) 16 über 100 Ziel  repräsentative Modellregion zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung  Erhalt und Schutz der Natur- und der durch den Mensch geprägten Kulturlandschaft  Bildung, Forschung und Erholung  menschliches Wirtschaften und Handeln im Einklang mit der Natur  Schutz einer natürlichen Dynamik ohne Eingriff durch den Menschen  Bildung, Forschung und Erholung  Schutz des Ökosystems als übergeordnetes Ziel  Natur Natur sein lassen  Erhaltung und Entwicklung einer durch vielfältige Nutzung geprägten Landschaft  Förderung einer nachhaltigen Regional- und Tourismusentwicklung Zonierung  mindestens 3 Prozent Kernzone  mindestens 10 Prozent Pflegezone  mindestens 50 Prozent Entwicklungszone  mindestens 75 Prozent zusammenhängende Kernzone  maximal 25 Prozent Pflegezone  Keine Zonierung (nur Außengrenze) 1. Allgemeines zur Biosphärenregion

5 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Wie ist eine Biosphärenregion aufgebaut? Die unterschiedlichen Zielsetzungen spiegeln sich in der Zonierung von Biosphärenregionen wider. Sie gliedern sich in drei Zonen: Kernzone (mindestens 3 Prozent der Fläche): Diese dient dem Schutz von Biotopen, Arten und natürlichen Prozessen. Sie wird daher nicht bewirtschaftet. Rechtlich werden diese Flächen als Naturschutzgebiete gesichert. Zulässige Handlungen in den Kernzonen sowie Ausnahmen von dem Grundsatz des Prozessschutzes – zum Beispiel zeitlich befristete Waldumbaumaßnahmen – werden über die entsprechenden Verordnungen geregelt. Pflegezone (mindestens 10 Prozent der Fläche und zusammen mit der Kernzone mindestens 20 Prozent der Fläche): Als Übergangsbereich zwischen Entwicklungs- und Kernzone soll die Pflegezone Kernzonen umgeben, um so mögliche Einwirkungen auf sie abzupuffern. Hier steht die Erhaltung und Pflege von schutzwürdigen Ökosystemen im Vordergrund, die durch Nutzung entstanden oder beeinflusst sind. Dazu gehören zum Beispiel die Wiesentäler und Rodungsinseln im Spessart, Streuobstbestände oder wertvolle Eichenwälder. Alle bisherigen Nutzungen und Wirtschaftsformen sind weiterhin erlaubt. Einschränkungen der Bewirtschaftung gibt es somit durch eine Biosphärenregion nicht. Entwicklungszone (mindestens 50 Prozent der Fläche): Sie umfasst den Wirtschafts-, Lebens- und Erholungsraum der Bevölkerung und stellt den wirtschaftenden Menschen in den Vordergrund. Ziel ist es, das Wirtschaften auf freiwilliger Basis in allen Bereichen nachhaltiger zu gestalten. Auch hier sind alle bisherigen Nutzungsformen erlaubt. In Abbildung 1 werden die drei Zonen einer Biosphärenregion symbolhaft dargestellt. Hierbei wird deutlich, dass die Kernzone, anders als bei einem Nationalpark, nicht aus einer zusammenhängenden Fläche bestehen muss, sondern über der Biosphärenregion  Kernzone  Pflegezone  Entwicklungszone mindestens 3 Prozent mindestens 10 Prozent mindestens 50 Prozent zusammen mindestens 20 Prozent der Fläche verteilt liegen kann. Jede Teilfläche sollte allerdings mindestens 50 Hektar messen. Ist sie kleiner, muss die Fläche zwingend von einer Pflegezone umschlossen sein. Abbildung 2 visualisiert den prozentualen Unterschied der Flächengrößen, die die einzelnen Zonen mindestens aufweisen müssen. Je nach lokalen Gegebenheiten und in Abhängigkeit von der Gesamtfläche der Biosphärenregion sind die einzelnen Flächenanteile demnach unterschiedlich groß. Voraussetzung ist, dass diese prozentualen Mindestgrößen eingehalten werden und auch die Kern- und Pflegezone zusammen mindestens 20 Prozent der Gesamtfläche aufweisen. Abbildung 1: Symbolgrafik der Zonierung in einer Biosphärenregion, in Anlehnung an E.C.O. Institut für Ökologie Abbildung 2: Prozentuale Mindest- größen der drei Zonen in einer Biosphärenregion an der Gesamtfläche

Biosphärenregionen ermöglichen, fördern und fordern das nachhaltige Wirtschaften der Menschen in der Region. Eine neu geschaffene Biosphärenregionsverwaltung, die durchaus mehr als 20 Personen zählen kann, beschäftigt sich intensiv mit der nachhaltigen Entwicklung. Die in der Region bereits heute zahlreichen Aktivitäten und Initiativen könnten durch die neuen Stellen noch stärker gefördert und ausgebaut werden. Ebenso sind neue Projekte auch in Kooperation mit lokalen Akteurinnen und Akteuren leichter zu realisieren. Die Gebietskörperschaften müssen hierfür keine zusätzlichen Kosten tragen und Personal einstellen. In Form einer Dachmarke als besonderes überregionales Aushängeschild für die gesamte Region bietet eine Biosphärenregion zahlreiche Möglichkeiten: Neben dem Naturschutzgedanken können sich zukünftig beispielsweise neue gesellschaftliche, wirtschaftliche, kulturelle, touristische oder soziale Synergieeffekte entfalten und so ganzheitlich zu einer nachhaltigen Regionalentwicklung beitragen. Nachfolgend werden mögliche Beispiele aufgezeigt:  Förderung und Ausbau von Regionalvermarktungsinitiativen, wie zum Beispiel Schlaraffenburger, Grünland Spessart oder die Wild- und Weinvermarktung: Die Erzeuger und Vermarkter könnten beim Aufbau von Wertschöpfungsketten unterstützt werden. Daneben können Impulse für das heimische Handwerk gegeben sowie die Stadt-Land-Partnerschaften gestärkt werden.  Etablierung einer Spessart-Dachmarke für regionale Produkte und touristische Dienstleistungen.  Ausbau von Bildungsaktivitäten und stärkere Vernetzung der Akteurinnen und Akteure aus Bildung und Forschung: Dazu zählen beispielsweise das Archäologische Spessartprojekt, Naturpark- beziehungsweise Biosphären-Schulen und Kitas oder der Bau eines Biosphären-Besucher- zentrums.  Umsetzung von Modellprojekten für klimaangepasste Bewirtschaftung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen durch intensivere Beratung zu Landnutzungen oder durch Schaffung von Referenzflächen in den Kernzonen.  Ausbau nachhaltiger Mobilitätsangebote sowie der Lade- und Serviceinfrastruktur.  Sicherung und Ausbau der Erholungs-Infrastruktur durch zum Beispiel Wander- und Radwege, Mountainbike-Trails, Lehrpfade oder Schutzhütten bei gleichzeitiger Verbesserung der Besucherlenkung. Eine Biosphärenregion hätte somit im Vergleich zum Naturpark ein stärkeres Alleinstellungsmerkmal und einen höheren Wiedererkennungswert mit mehr Personal und finanzieller Ausstattung als bisher. Welche Möglichkeiten bietet eine Biosphärenregion für unseren Spessart?

7 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Die Machbarkeitsstudie überprüft anhand von verschiedenen Kriterien, ob sich eine Region für eine Biosphärenregion eignet. Sie bildet eine wesentliche Entscheidungsgrundlage dafür, ob die Region in die offizielle Antragstellung bei der UNESCO auf Anerkennung als Biosphärenregion einsteigt und ist für die Bewerbung – eine Biosphärenregion zu werden – Grundvoraussetzung. Die Landkreise Aschaffenburg, Main-Spessart und Miltenberg sowie die Stadt Aschaffenburg haben die Machbarkeitsstudie beauftragt. Durchgeführt wird die Studie von den Büros ifuplan – Institut für Umweltplanung und Raumentwicklung sowie E.C.O. Institut für Ökologie. Ziel der Machbarkeitsstudie ist es, in einem ergebnisoffenen und transparenten Prüf- und Beteiligungsprozess die Fragen zu klären, ob und wie der Spessart die Kriterien für eine Biosphärenregion erfüllen kann und wie die lokalen Akteurinnen und Akteure die Idee einer Biosphärenregion bewerten. Die Machbarkeitsstudie ist in vier Leistungsbausteine aufgeteilt:  formale Machbarkeit Überprüfung der 40 offiziellen Antrags- und Bewertungskriterien der UNESCO, wie zum Beispiel Größe, Zonierung, Alleinstellungsmerkmal und rechtliche Sicherung  gesellschaftliche Akzeptanz Umfassende Chancen-Risiko-Bewertung für bestimmte Themen- bereiche mittels eines breit angelegten Beteiligungsprozesses, unter anderem zu Tourismus, Bildung und Forschung, Land- und Forstwirtschaft, Natur und Umwelt sowie Mobilität  Entwicklungsperspektiven und Handlungsempfehlungen Untersuchung von Entwicklungsszenarien im Hinblick auf eine länderübergreifende Biosphärenregion sowie auf die künftige Rolle des Naturparks Spessart  Zusammenschau und Ergebnisaufbereitung Die Durchführung der Machbarkeitsstudie begann im Sommer 2022 und soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Die Kosten für die Machbarkeitsstudie sowie die Personalkosten für eine gemeinsame Projektstelle werden zu 50 Prozent vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert. Die weiteren 50 Prozent werden gemeinschaftlich von den vier beteiligten Gebietskörperschaften finanziert. Bei veranschlagten Gesamtkosten von circa 344.000 Euro beträgt der Eigenanteil der beteiligten kommunalen Partner demnach jeweils circa 43.000 Euro. Unabhängig von der Frage, ob eine Biosphärenregion entsteht, können die im Rahmen der Machbarkeitsstudie erarbeiteten Ergebnisse in der Region genutzt werden und dieser zu Gute kommen. 2. Machbarkeitsstudie zur Biosphärenregion im Spessart Was bezweckt die Machbarkeitsstudie und wer hat sie beauftragt?

8 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Der Untersuchungsraum der Machbarkeitsstudie ist die Gebietskulisse des Naturparks Spessart mit einer Fläche von etwa 171.000 Hektar. Diese Gebietskulisse wurde aufgrund der wertvollen naturräumlichen Ausstattung, der vorhandenen Schutzgebietskulisse und der bereits bestehenden Verwaltungsstrukturen ausgewählt. Eine mögliche Biosphärenregion-Fläche ist dabei nicht auf diesen Untersuchungsraum beschränkt. Auch weitere Flächen der beteiligten Gebietskörperschaften können Teil einer Biosphärenregion werden. Selbstverständlich wird keine Gemeinde verpflichtet, Teil der Biosphärenregion zu werden, selbst wenn sie im aktuellen Untersuchungsraum liegt. Jede Gemeinde, die Teil einer Biosphärenregion sein möchte, entscheidet darüber im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts alleine. Das Ziel in der Kernzone ist der Prozessschutz, das heißt die Entwicklung der Natur ohne Eingriffe durch den Menschen. Daher eignen sich für die Kernzone insbesondere Staatswald-, Kommunalwald- und Bundesforstflächen, aber unter Umständen auch Privatwald, geeignete Gewässer oder Freiflächen, die hierfür aus der Nutzung zu nehmen sind. Gemeinden oder Privatwaldbesitzer, die auf freiwilliger Basis zum Beispiel Waldgebiete als Kernzonenflächen einbringen, erhalten eine angemessene Entschädigung zum Beispiel Geld und/oder Ökopunkte. Auch bereits unter Prozessschutz stehende Naturschutzgebiete und Naturwaldreservate können herangezogen werden. Die Kernzone besteht nicht aus einer zusammenhängenden Fläche, sondern liegt über die Biosphärenregion verteilt, wobei jede Teilfläche mindestens 50 Hektar messen sollte. Ist sie kleiner, muss die Fläche zwingend von einer Pflegezone umschlossen sein. Nach derzeitigem Stand der Machbarkeitsstudie sind etwa 800-1.000 Hektar der bereits bestehenden Naturwaldreservate und Waldnaturschutzgebiete aufgrund ihrer rechtlichen Sicherung und ihrer Größe für die Ausweisung als Kernzone geeignet. Bezogen auf das gesamte Untersuchungsgebiet von etwa 171.000 Hektar sind daher noch zusätzliche Kernzonen mit einer Fläche von etwa 4.000 Hektar erforderlich. Wie sieht der aktuelle Untersuchungsraum der Machbarkeitsstudie aus und welche Flächen eignen sich im Untersuchungsraum als Kernzonen? Naturpark Spessart (aktueller Untersuchungsraum der Machbarkeitsstudie) Kommunen mit Teilflächen im Naturpark Spessart Grenzen der Landkreise Aschaffenburg, Main-Spessart, Miltenberg und der kreisfreien Stadt Aschaffenburg Ober-, Mittel- oder Grundzentrum mit Flächenanteil am Naturpark Spessart Main A3 Datenquelle: © Geo-Basis-DE / BKG (2023), Bayerisches Landesamt für Umwelt, www.lfu.bayern.de (2023), Geofabrik GmbH (2023) Entwurf und Kartographie: Landratsamt Aschaffenburg, 2023 Größenvergleich Kernzonenbedarf: 3 Prozent der Naturparkfläche

9 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Die beteiligten Gebietskörperschaften (Landkreise und Stadt Aschaffenburg) entscheiden hierüber im Anschluss an die Machbarkeitsstudie in ihren jeweiligen Gremien. Unabhängig davon, entscheidet jede Kommune eigenständig im Gemeinde-, Marktgemeinde- oder Stadtrat, ob sie sich mit ihrem Gemeindegebiet einem möglichen Antrag zur Biosphärenregion anschließt und damit Teil der Biosphärenregion werden möchte. Überdies ist keine Kommune verpflichtet, Teil der Biosphärenregion zu werden und auch nicht dazu verpflichtet, bei der Schaffung von Kernzonen Flächen zur Verfügung zu stellen, auch wenn sie Teil der Biosphärenregion werden möchte. Zudem können beigetretene Kommunen aus der Biosphärenregion jederzeit wieder austreten. Den offiziellen Antrag stellt das in Bayern für Biosphärenregionen zuständige Umweltministerium. Die Landrätin Wer entscheidet darüber, ob der Spessart eine Biosphärenregion wird? und die Landräte, der Oberbürgermeister und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der teilnehmenden Kommunen unterzeichnen den Antrag und bringen damit zum Ausdruck, dass die Gebieskörperschaften die Ziele der UNESCO-Biosphärenregion unterstützen. Das deutsche UNESCO-Nationalkomitee prüft den Antrag auf Richtigkeit und Vollständigkeit und führt eine fachliche Prüfung der Anerkennungskriterien durch. Im Anschluss daran beschließt das deutsche Nationalkomitee über den Antrag und leitet ihn bei einem positiven Beschluss an die UNESCO-Generaldirektion in Paris zur Entscheidung weiter. Alle Bewohnerinnen und Bewohner des Untersuchungs- gebiets hatten und haben die Möglichkeit sich in den Prozess einzubringen. Ende 2022 wurden insgesamt vier Bürgerforen (je eines in den drei Landkreisen und der Stadt Aschaffenburg) durchgeführt. Hier konnten sich alle Interessierten informieren sowie eigene Ideen und Anregungen einbringen. Unterstützt wird der Prozess der Machbarkeitsstudie von einem Begleitgremium. Dieses besteht aus:  der Landrätin und den Landräten der drei beteiligten Landkreise und dem Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg  jeweils zwei Bürgermeisterinnen oder Bürgermeistern aus den jeweiligen Landkreisen  Vertreterinnen und Vertretern der Regierung von Unterfranken, des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Naturparks Spessart Für die Bündelung der Expertise von bedeutenden lokalen Akteurinnen und Akteuren wurden drei Arbeitsgruppen zu den Themenbereichen „Natur und Umwelt“, „Mensch und Wirtschaft“ sowie „Bildung, Forschung und Kultur“ ins Leben gerufen. Diese sind mit Vertreterinnen und Vertretern aus über 80 regionalen Verbänden, Institutionen und Behörden besetzt. Jugendvertreterinnen und -vertreter wurden ebenso in die Arbeitsgruppen eingebunden. Da die Meinungen und Ideen der Jugendlichen aus der Region ebenfalls von großer Bedeutung sind, wurde ein eigener Online-Workshop für Jugendliche durchgeführt. Ein weiterer ist für den Herbst 2023 geplant. Des Weiteren wurde die Öffentlichkeit im Frühjahr 2023 über eine Online-Befragung zur Biosphärenregion Spessart in den Prozess eingebunden. Darüber hinaus wurden Interviews mit überregionalen Fach- leuten zur Vertiefung bestimmter Themenfelder geführt. Wer ist in der Machbarkeitsstudie eingebunden?

10 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Natürlich. Radfahren, egal ob mit oder ohne elektrische Unterstützung, ist eine nachhaltige Sportart mit hohem Erholungswert. In Bayern ist Radfahren auf geeigneten Wegen in der freien Natur grundsätzlich erlaubt, wenn es der Erholung und nicht kommerziellen oder rein sportlichen Zwecken dient. Es ist einem Betreten zu Fuß grundsätzlich gleichgestellt. Zu beachten ist dabei, dass Fußgängerinnen und Fußgängern dabei der Vorrang eingeräumt wird. Radfahrerinnen und Radfahrer finden bereits jetzt viele Routen im Naturpark Spessart auf ausgewiesenen Wegen. Für sportlich ambitioniertere Mountainbikerinnen und Mountainbiker gibt es in der Region offiziell ausgewiesene Trails, zum Beispiel in Alzenau, Laufach, Collenberg oder in Frammersbach. Dieses Wegenetz bleibt auch in einer möglichen Biosphärenregion bestehen, denn hier ist das Erleben der Natur für die Menschen ein wichtiger Bestandteil. Bei der Suche nach erforderlichen Kernzonen wird das bestehende Wegenetz berücksichtigt und auch in der Kernzone weiterhin genutzt. Da das Fahren quer durch die freie Natur bereits jetzt nicht erlaubt ist, ergeben sich somit keine Einschränkungen für das Radfahren. Die Bayerische Verfassung und das Bayerische Naturschutzgesetz berechtigen Fußgängerinnen und Fußgänger zu jeder Jahreszeit und in allen Teilen der freien Natur unentgeltlich zu wandern, zu gehen oder zu laufen. Das Betretungsrecht ist dabei nicht wie beim Radfahren oder Reiten auf Wege beschränkt. Dieses Recht kann unter gewissen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Beispiele sind hier Betretungsverbote auf landwirtschaftlichen Flächen, bei der Durchführung von landschaftspflegerischen Maßnahmen oder auch aus Gründen des Naturschutzes. So ist auch in vielen ausgewiesenen Naturschutzgebieten im Spessart bereits jetzt schon ein Wegegebot zu beachten. In einer möglichen Biosphärenregion ist mit zusätzlichen Wegegeboten nur in den Kernzonenflächen zu rechnen. Das Betreten der Kernzonen soll in der Regel nur zum Zwecke der Forschung, des Monitorings oder der Bildung zulässig sein. Das bedeutet, dass lediglich auf maximal drei Prozent der Gesamtfläche der Biosphärenregion ein Wegegebot zu beachten ist, wie es bereits bei bestehenden Naturschutzgebieten der Fall ist. Das Wandern bleibt weiterhin möglich, allerdings sind dafür, wie bisher auch, die vorhandenen Wege zu beachten. Dafür sorgt das vorhandene umfangreiche, vielfältige und gut markierte Wanderwegenetz. Dieses wird mit großem Aufwand vom Naturpark Spessart, dem Spessartbund, den Kommunen und anderen Fachleuten unterhalten und gepflegt. In einer Biosphärenregion, die für einen nachhaltigen sanften Tourismus in und mit der Natur steht, soll dieses Wegenetz langfristig erhalten und stetig weiterentwickelt werden. 3. Häufige Fragen rund um eine Biosphärenregion im Spessart Ist Radfahren und Mountainbiking wie bisher erlaubt? Ist das Wandern wie bisher möglich und dürfen vorgeschriebene Wanderwege verlassen werden? Im Laufe der Machbarkeitsstudie sowie im Vorfeld sind viele Fragen hinsichtlich möglicher Einschränkungen, Verbote und Chancen sowie Vor- und Nachteile einer Biosphärenregion aufgekommen. Eine Auswahl wird im Folgenden beantwortet. Weitere Fragen und Antworten unter www.biosphaere-spessart.de

In einer möglichen Biosphärenregion bleiben die auf den Staatswaldflächen geltenden Spessartforstrechte sowie alle weiteren Spessartrechte als bedeutsames regionales Kulturgut wie bisher bestehen. Darüber hinaus stellen auch Bundesforst- und Kommunalwaldflächen sowie Privatwaldflächen ein nicht unerhebliches Kernzonenpotenzial dar. So werden die Kommunen die Möglichkeit haben, geeignete Waldflächen gegen eine angemessene Entschädigung als Kernzonenflächen einzubringen. Es gilt, dass eine Einbringung dieser Flächen ausschließlich auf frei- williger Basis erfolgt. Dafür können zum Beispiel auch nur schwer oder unrentabel zu bewirtschaftende Flächen wie Steil- lagen in Betracht gezogen werden. Ist Imkern in einer Biosphärenregion möglich? In der Pflege- und Entwicklungszone einer Biosphärenregion (97 Prozent der Fläche) ist die Imkerei wie bisher erlaubt. In den bereits bestehenden Naturschutzgebieten und damit auch in den Kernzonen einer Biosphärenregion ist das Imkern bzw. das Aufstellen von Bienenvölkern grundsätzlich nicht möglich. Ausnahmen sind nur mit einer gesonderten Erlaubnis der zuständigen Naturschutzbehörde oder über eine entsprechende Regelung in einer zu erlassenden Kernzonen-Verordnung möglich. Bei Naturschutzgebieten handelt es sich oft um die letzten Rückzugsorte seltener und vom Aussterben bedrohter Insektenarten. Bei einer Sammelmenge von etwa 300 Kilogramm Nektar und 60 Kilogramm Pollen pro Bienenvolk und Jahr, stellen gerade bei kleinen Naturschutzflächen Honigbienenvölker durchaus eine starke Nahrungskonkurrenz für andere blütenbesuchende Insekten dar und können die angestrebte Artenvielfalt der Insekten negativ beeinflussen. Hierzu gehören zum Beispiel blütenbewohnende Käfer, Schmetterlinge und ihre Raupen, Wanzen, Fliegen und natürlich die Wildbienen. Ist die Ausübung der Holzrechte mit den Regelungen einer möglichen Biosphärenregion Spessart vereinbar? Die Forstnutzungsrechte im Spessart haben eine historische Bedeutung und eine lange Tradition. Entstanden sind die Spessartforstrechte bereits im Mittelalter. Wenn heute von den Holzrechten die Rede ist, sind insbesondere die Oberholzrechte an den Staatswaldflächen gemeint. Berechtigt zum Bezug der Spessartforstrechte sind im Spessart 28 Gemeinden mit 44 Ortsteilen in den drei Landkreisen. Diese befinden sich auf rund 90 Prozent der Staatswaldflächen im Spessart, also eine Fläche von rund 38.000 Hektar. Die Ausübung der Oberholzrechte wurde 1866 zwischen den jeweiligen Gemeinden und dem Staat in dem sogenannten Urvergleich geregelt. Danach haben alle berechtigten Gemeindebürgerinnen und -bürger mit Holzfeuerstelle („Rechtler“) den Rechtsanspruch, Reste der Baumkronen (Oberholz) kostenfrei für den Eigenbedarf zu sammeln. Es geht dabei um Reisig und um bis knapp ein Meter lange und bis 4,5 Zentimeter dicke Äste („Prügel“), die nach Baumfällungen (Hieben) liegen bleiben. Erlaubt war die Rechteausübung an zwölf Tagen im Winterhalbjahr mit Axt, Handkarren und Pferdefuhrwerken. 1978 wurden diese Regelungen in einer Vereinbarung zur Erleichterung der Oberholznutzung angepasst, die auch heute noch gilt. Danach sind Erleichterungen des Rechts zugelassen, die auch die Aufarbeitung der Reste von stärkerem Astholz in den freigegebenen Hieben einschließen und zudem den Einsatz von Motorsägen und Kraftfahrzeugen erlauben. Beschränkt ist die Ausübung der Holzrechte auf zwei dreiwöchige Nutzungszeiträume zwischen dem 1. April und 30. November eines Jahres. Darüber hinaus gibt es weitere Spessartrechte, wie zum Beispiel Ur-, Leseholz, Stockholz, Windfall-, Schneedruck- und Eisbruchholz. Über die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die die Spessartforstrechte aktiv ausüben, sowie die Menge des abgegebenen Rechtlerholzes gibt es keine belastbaren Daten. Nach Schätzungen der Bayerischen Staatsforsten üben derzeit etwa 2.000 Berechtigte (Stand: 2022) ihr Holzbezugsrecht aktiv aus. Was sind Holzrechte?

12 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 In Bayern dürfen Pilze und Beeren grundsätzlich in geringen Mengen für den eigenen Hausgebrauch gesammelt werden. Ein gewerbsmäßiges Sammeln der Waldfrüchte ist nach den allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen verboten oder nur mit entsprechender Erlaubnis zulässig. Beim Pilzsammeln ist zu beachten, dass es besonders geschützte Pilzarten gibt, die auf alle Fälle stehen bleiben müssen. Auch die in unserer Region beliebten Speisepilze wie Steinpilze, Pfifferlinge, Birkenpilze, Rotkappen und Morcheln sind geschützt. Für diese Sorten gelten aber Ausnahmen, denn sie dürfen in geringen Mengen für den eigenen Bedarf gesammelt werden. Verboten ist bereits jetzt das Sammeln von Pflanzen und Pilzen in den meisten Naturschutzgebieten. Zudem gibt es hier auch eventuelle Wegegebote zu beachten. Gleiches gilt auch für für die Kernzonen in einer möglichen Biosphärenregion, die neu als Naturschutz- gebiet ausgewiesen werden müssen. In den Pflege- und Entwicklungszonen, die einen Großteil der Fläche ausmachen, wird es über die bereits jetzt schon geltenden Regelungen hinaus keine Einschränkungen geben. Die Jagd ist in einer Biosphärenregion erlaubt. In der Kernzone ist das Jagen als sogenanntes Wildtiermanagement zur Vermeidung von Wildschäden und für standortangepasste Wildbestände zulässig. Die Erstellung und fachliche Prüfung des Konzepts erfolgt unter Beteiligung der zuständigen Behörden und der Jägerschaft. Über bereits durch andere Vorgaben bestehende Einschränkungen hinaus, wie beispielsweise Förderrichtlinien, gesetzliche Regelungen oder bestehende Schutzkategorien, wird es in einer Biosphärenregion keine weiteren Einschränkungen geben. Darf man Beeren und Pilze sammeln? Ist die Jagd in einer möglichen Biosphärenregion Spessart erlaubt? Welche Einschränkungen gibt es für landwirtschaftliche Flächen? Ja. Der effektive Umgang mit und die Einsparung von Energie sind wichtige Kernanliegen einer Biosphärenregion. Daher ist die Errichtung von Windenergieanlagen auch in einer Biosphärenregion möglich. Bisher waren im Untersuchungsraum der Machbarkeitsstudie die Errichtung von Windenergieanlagen durch die in Bayern geltende 10H-Regelung sowie das regionalplanerische Verbot, im Landschaftsschutzgebiet Spessart Windkraft zu errichten, ausgeschlossen. Veranlasst durch die neuen gesetzlichen Vorgaben des Bundes, ist auch unsere Region verpflichtet, vermehrt Flächen für die Windkraft auszuweisen. Die regionalen Planungsverbände untersuchen daher derzeit, auch unter Einbeziehung des Landschaftsschutzgebietes Spessart, wo zukünftig Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen werden können. Die Standorteignung ist abhängig von einer Vielzahl von Kriterien und gesetzlicher Vorgaben. Einen Überblick der aktuellen Regelungen in Bayern hierzu findet man auf der Themenplattform Windkraft: https://www.energieatlas.bayern.de/ thema_wind Als Kriterien sind zum Beispiel die Windhöffigkeit, Abstände zur Wohnbebauung, Wasserschutzgebiete, Belange des Militärs und der zivilen Luftfahrt sowie Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete (Fauna-Flora-Habitat- (FFH-Gebiete) und Vogelschutzgebiete) zu berücksichtigen. Nach den aktuellen Hinweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz sind auch Flächen in Kernzonen von Biosphärenregionen, die als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden, regelmäßig nicht für Windkraft geeignet. Das MAB-Nationalkomitee vertritt die Auffassung, dass Kern- und Pflegezonen der Biosphärenregionen entsprechend ihrer Entwicklungsziele vollständig von der Windenergienutzung freizuhalten sind. Eine Konkurrenz zwischen der Suche nach Flächen für die Windkraft und der Suche nach Kernzonen- und Pflegezonenflächen ist aber nahezu ausgeschlossen, da anhand der übrigen Kriterien, zum Beispiel wegen der ausgedehnten Natura2000-Flächen im Spessart, nur im Einzelfall Überschneidungen erwartet werden und diese bei der Zonierung berücksichtigt werden. Kann es Windkraft in einer Biosphärenregion geben? Wenn es in der Kernzone brennt, kann die Feuerwehr die Wege nutzen? Ja. Die Bekämpfung von Waldbränden ist in allen Zonen möglich. Geltende rechtliche Vorgaben sind zu beachten.

13 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Biosphärenregionen sind einzigartige Ökosysteme und Kulturlandschaften. Wasser liegt der Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten zugrunde und ist unverzichtbar für eine nachhaltige Nutzung der Natur und für die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. In der gesamten Biosphärenregion dürfen bestehende Trinkwasseranlagen weiter erhalten und genutzt werden. Sollte im Ausnahmefall ein Fassungsbereich eines Wasserschutzgebietes in einer Kernzone liegen, wird die Zulässigkeit des Weiterbetriebs und der Unterhaltung des Brunnens über Regelungen in der Schutzgebietsverordnung erlaubt. Auch Probebohrungen und neue Wassergewinnungsanlagen (Brunnen) in einer Kernzone werden im Rahmen der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zugelassen, wenn diese für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung an dieser Stelle notwendig sind. Neue Einschränkungen ergeben sich lediglich in Kernzonen- flächen, die bislang noch nicht den Status eines Naturschutz- gebiets mit Prozessschutz haben. Ansonsten ergeben sich keine weiteren Einschränkungen. In der Pflege- und Entwicklungszone einer Biosphärenregion sind grundsätzlich alle bisher im Rahmen des nationalen Rechts möglichen Wirtschafts-und Nutzungsformen erlaubt. Ziel ist es, diese auf freiwilliger Basis besonders nachhaltig zu gestalten und damit der Modellfunktion einer Biosphärenregion zu entsprechen. Die UNESCO entscheidet lediglich darüber, ob für die Verleihung der Zertifizierung die Anforderungen erfüllt sind. Dies wird alle zehn Jahre bei der Evaluierung überprüft. Wenn die Kriterien nicht mehr erfüllt sind, kann das Prädikat entzogen werden. Darüber hinaus gibt es keine weiteren Einflussmöglichkeiten durch die UNESCO. Sie hat keine Entscheidungsbefugnis über die Entwicklung einer Biosphärenregion und damit der Gemeinden vor Ort. Die Entwicklung einer Gemeinde obliegt auch weiterhin ausschließlich den dafür zuständigen Gremien. Schränkt eine Biosphärenregion die Trinkwasserversorgung und die Bohrung von Brunnen ein? Was ändert sich im täglichen Leben zur bisherigen Situation, gibt es zusätzliche Einschränkungen? Welche Rolle spielt die UNESCO in einer möglichen Biosphärenregion im Spessart? Ein Biosphären-Managementzentrum, also die Verwaltung der Biosphäre, wird aus staatlichen Haushaltsmitteln des Freistaats finanziert. Für Informations- und Umweltbildungszentren sind auch staatliche Förderungen denkbar. Die tatsächliche Finanzierung hängt von der konkreten Ausgestaltung einer Biosphärenregion ab. Die Kommunen, die Teil einer Biosphärenregion sind, ebenso wie die drei Landkreise und die Stadt Aschaffenburg, tragen keine Kosten der Biosphärenverwaltungsstelle. Wie wird eine Biosphärenregion finanziert? Das Stammpersonal einer Biosphärenregionsverwaltung wird in Bayern aus staatlichen Haushaltsmitteln finanziert. Die Personalausstattung einer Biosphärenregion hängt vor allem von deren Größe und Aktivitäten ab. Häufig setzt sich das Personal aus wissenschaftlichen Fachkräften, Verwaltungspersonal, Umweltbildungskräften und Rangern zusammen. Zusätzliches Personal wird typischerweise auch aus Projektmitteln bezahlt. Neben Landesmitteln kommen dafür auch Projektgelder des Bundes und anderer Institutionen in Frage. Eine größere Biosphärenregion könnte insgesamt durchaus mehr als 20 Personen beschäftigen. Wie wird das Personal für eine Biosphärenregion finanziert? Ähnlich wie die bereits heute bestehenden Ranger im Naturpark gelten die Aufgaben auch in einer Biosphärenregion als vielfältig. So haben sie in einer Biosphärenregion die Aufgabe, Besucherinnen und Besucher sowie Einheimische über die Biosphärenregion und deren Schutzgebiete zu informieren. Dazu leisten sie Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit und bieten Exkursionen sowie Führungen an. Auch gehören wichtige Reparatur- und Pflegearbeiten zu den Aufgaben der Ranger. Darüber hinaus unterstützen sie bei Forschungsarbeiten und Monitoring- Programmen. Schließlich kümmern sie sich auch um den Schutz des Gebiets. Dabei sprechen sie auch Besucherinnen und Besucher an und weisen bei Bedarf auf angemessenes Verhalten hin. Welche Aufgaben haben die Ranger in einer Biosphärenregion?

14 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 In Bayern gibt es keine Biosphärenregionsverordnung, denn hier wird ein Gebiet vom bayerischen Umweltministerium zu einer Biosphärenregion erklärt. Diese Erklärung erfolgt nach der Anerkennung durch die UNESCO und damit nach der Antragstellung, die durch die Staatsregierung nach den Zustimmungen der Gebietskörperschaften erfolgen würde. Die Anerkennung durch die UNESCO ist als Verleihung des Qualitätssiegels „Biosphärenregion“ zu verstehen. Die Erklärung zu einer Biosphärenregion beinhaltet keine Restriktionen, sondern verweist auf bestehende Schutzgebiete, die die Anforderungen der UNESCO an die Zonierung erfüllen würden. Im Spessart könnten die bestehenden bewirtschafteten Naturschutzgebiete und Natura 2000-Gebiete (FFH- und Vogelschutzgebiete) die Funktion der Pflegezonen erfüllen. Das seit vielen Jahren bestehende Landschaftsschutzgebiet „Spessart“ könnte weite Teile der Entwicklungszone abdecken. Lediglich die Kernzonen würden als neue Naturschutzgebiete ausgewiesen werden. Somit stellt eine Biosphärenregion in Bayern kein neues Schutzgebiet dar, sondern es besteht aus den genannten, meist bereits bestehenden Schutzgebieten. Für den Bereich der Kernzonen besteht die Möglichkeit über eine Verordnung die Nutzung dieser Flächen zu regeln, vergleichbar mit der Verordnung über das Naturschutzgebiet “Kernzonen im bayerischen Teil des Biosphärenreservats Rhön“. In anderen Bundesländern kann es dagegen eine Biosphärenregionsverordnung geben, wie zum Beispiel die Thüringer Biosphärenreservatsverordnung Rhön. Auch in Baden-Württemberg wurde das Biosphärengebiet „Schwäbische Alb“ per Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum ausgewiesen. Eine solche Verordnung ist vor allem dann erforderlich, wenn – anders als in Bayern – bisher keine geeigneten oder keine ausreichend großen Schutzgebiete zur Erfüllung der UNESCO-Vorgaben an eine Zonierung vorhanden sind. Hier müssen dann Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen neu ausgewiesen werden. Gibt es für Biosphärenregionen in Bayern eine Verordnung? Für die Bauleitplanung (zum Beispiel die Ausweisung neuer oder Änderung bestehender Baugebiete) bedeutet eine mögliche Biosphärenregion keine zusätzlichen Einschränkungen für Kommunen. Zu berücksichtigen sind allerdings weiterhin die grundsätzlich dafür geltenden gesetzlichen Vor- gaben. Das schließt die Berücksichtigung der als Naturschutzgebiete ausgewiesenen Kernzonen mit ein. Diese liegen allerdings naturgemäß im Wald abseits einer möglichen Siedlungsentwicklung. Auch in einer Biosphärenregion verbleibt die grundgesetzlich geschützte Planungshoheit bei den Gemeinden und Städten. In Bayern erfolgt die Ausweisung einer Biosphärenregion durch eine ministerielle Erklärung. Im Untersuchungsraum „Spessart“ müssten daher lediglich noch notwendige Kernzonen durch Naturschutzgebietsverordnungen rechtlich gesichert werden. In anderen Bundesländern, zum Beispiel Thüringen, erfolgt die rechtliche Sicherung der Biosphärenregionen teilweise durch eine Verordnung für das gesamte Gebiet, in der auch Ge- und Verbote mit Auswirkungen für gemeindliche Planungen enthalten sein können. Die Verwaltungsstelle einer Biosphärenregion hat in Bayern keine hoheitlichen Zuständigkeiten. Das bedeutet, dass die Verwaltungsstelle anders als in anderen Bundesländern in einem Bauleitplanverfahren nicht als Träger öffentlicher Belange zu beteiligen ist. Vielmehr ist es Aufgabe der Verwaltung, die beteiligten Kommunen beratend in ihrer Bauleitplanung bei Themen wie Mobilität, demografischer Wandel, Flächensparmodelle oder Energiekonzepte zu unterstützen. Schränkt eine Biosphärenregion die Kommunen in ihrer Bauleitplanung ein? Nein. Niemand wird gezwungen eigene Flächen aus dem Grundbesitz für die Kernzone abzutreten. Die Flächeneinbringung erfolgt ausschließlich freiwillig. Das gilt sowohl für private als auch für gemeindliche Flächen. Für die Einbringung von Flächen in eine Kernzone wird es zu gegebener Zeit ein Entschädigungsmodell geben. Eingebrachte gemeindliche Flächenanteile können danach zum Beispiel auf das gemeindliche Ökokonto angerechnet oder finanziell entschädigt werden. Die Pflege- und Entwicklungszone würde so gestaltet, dass es gegenüber dem heutigen Zustand zu keinen neuen Beschränkungen käme. Die einzelne Fläche läge zwar im Umgriff der Biosphärenregion, wäre aber nicht mit einem zusätzlichen rechtlichen Schutz belegt. Kann Grundbesitz enteignet werden, wenn Flächen in den Kern- oder Pflegezonen liegen würden?

15 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Eine Biosphärenregion ermöglicht es, ein breites Spektrum an Handlungsfeldern aufzugreifen. Thematisch vielfältig können daher auch die Projekte sein, die umgesetzt werden – von regionalen Produkten, nachhaltigem Tourismus und Mobilität über Klimawandel und erneuerbare Energien bis hin zu Biodiversität und Gesundheit. Nachfolgend sind ausgewählte Beispiele aus bestehenden Biosphärenreservaten, -gebieten und -regionen aufgelistet: Die natürlichen Wasserressourcen geraten aufgrund des Klimawandels und der steigenden Nutzung zunehmend unter Druck. In der Rhön zeigt sich dies unter anderem durch zeitweises Versiegen von Quellen und dem Austrocknen der Moore. Um auch in Zukunft eine ausreichende Wasserversorgung für die Menschen und die aquatischen Ökosysteme im Biosphärenreservat Rhön sicherzustellen, untersucht die Goethe-Universität Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Biosphärenreservat Rhön im Projekt „KlimaRhön“ die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gewässer und die Wasserversorgung. Dabei wird eine Risikobewertung durchgeführt und mögliche Anpassungsstrategien durch nachhaltiges Wassermanagement entwickelt. Seit vielen Jahrhunderten prägen die Verarbeitung von Holz und der Holzbau die Kulturlandschaft des Schwarzwaldes. Das Zentrum Holzbau bündelt als Innovations- und Transferzentrum für das Thema „Bauen mit Holz“ alle Kompetenzen in der Region und zeigt die Zukunftspotentiale des nachwachsenden Rohstoffes auf – von der ökologischen Erzeugung und verträglichen Gewinnung bis hin zum klimafreundlichen Bauen. Der Fokus liegt dabei auf einem Knowhow- und Informationstransfer zwischen Praxis, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Das Biosphärengebiet Schwarzwald ist Partner und Förderer des Kompetenzzentrums. Der Verein Dachmarke Rhön e.V. vernetzt Rhöner Betriebe entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Lebensmitteln und unterstützt sie somit bei der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von regionalen Produkten. Dadurch soll nicht nur die regionale Wertschöpfung gestärkt werden, sondern auch die Natur, die Kultur und das Landschaftsbild erhalten bleiben. Der Verein ist ein Netzwerk aus über 200 Partnerbetrieben der Gastronomie, Landwirtschaft sowie Handwerks- und Verarbeitungsbetrieben. Anhand von Qualitätskriterien werden die regionalen Produkte mit einem Siegel ausgezeichnet, das für die gesicherte Herkunft und Qualität aus dem UNESCO-Biosphärenreservat Rhön steht. Der Bio-Braugerste Erzeugerkreis ist ein Zusammenschluss von 17 Bio-Höfen und einer lokalen Brauerei in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land, die gemeinsam Bio-Biere aus heimischem Getreide erzeugen. Während die Landwirtinnen und Landwirte durch die Kooperation eine Abnahmesicherheit für ihre Bio-Braugerste haben, profitiert die Brauerei von der Rohstoffsicherheit durch eine Anbaufläche von rund 50 Hektar sowie der Verarbeitung regionaler Rohstoffe. Dadurch wird die heimische Wertschöpfung gestärkt und zertifizierte Produkte erzeugt, die sogenannten „Hoamat-Biere“. 4. Best Practice Beispiele KlimaRhön Zentrum Holzbau Schwarzwald Dachmarke Rhön Bio-Braugerste Erzeugerkreis in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land

16 Informationsbroschüre: Zum Thema Biosphärenregion im Spessart? — Oktober 2023 Eine Biosphärenregion im Spessart? Für ein nachhaltiges Zusammenleben zwischen Mensch und Natur in unserem schützenswerten und vielfältigen Spessart! Weitere Informationen unter: www.biosphaere-spessart.de Projektfinanzierung Kofinanzierung

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